Am nächsten Ohrwurm wird ja gerade heftig in unserem Proberaum gearbeitet. Und da sind wir schon ziemlich nah dran kann ich von gestern berichten. Hier geht es aber um etwas anderes.
Vermutlich die Überreste einer Spinne
Sonntag Nacht 4:13 Uhr (so fangen die Geschichten von Horst Evers auch gerne an und ich freue mich, ihn hier sinngemäß gleich mal zitieren zu können und ganz warm seinen Podcast zu empfehlen). Panisch schrecke ich neben meiner Familie hoch und fasse mir ins Ohr. Es knirscht sehr laut und ich spüre etwas zwischen Daumen und Zeigefinger gepackt zu haben und wie mir etwas aus dem Gehörgang in die Ohrmuschel läuft.
Im Ernst: Ich wünsche eine solche Erfahrung wirklich niemanden und das meine ich auch so. Schnell stehe ich auf und laufe zum Bad, wo ich mit viel Wasser und Wattestäbchen meinen Gehörgang versuche von allem zu befreien, was darin noch sein könnte.
Eine kurze Rekonstruktion dessen, was passiert war. Auf Grund des Regens draußen und den vermutlich damit einhergehenden Absinken der Temperatur war es einer Spinne bei uns wohl zu kalt geworden. Auf der Suche nach einem warmen, feuchten Platz wollte sie sich wohl in mein Ohr zurückziehen. Wären wir uns bei Tage begegnet, hätte ich sie vermutlich nur unsanft vor die Tür gesetzt. Aber in meinem Ohr darf grundsätzlich schon mal keiner einziehen, jemand mit unrasierten Beinen sowieso nicht und mitten in der Nacht erst gar nicht. Gut, Todesstrafe halte ich auch hier für unangemessen. Aber im Affekt kann so etwas schon mal passieren.
Den ganzen Sonntag über war ich sehr vorsichtig, was mein Ohr anging und fühlte mich ehrlich nicht recht gut mit der Geschichte. So etwas ist schon irgendwie traumatisch. Um sicherzugehen, dass ich das gesamte Tier entfernt hatte und es sich nicht zufällig um die südaustralische Hirnbohrerspinne handelt, die nächtens ihre Eier in die Ohren ablegt, woraufhin nach einigen Wochen hunderte von Spinnenkinder ihren Weg durch den Gehörgang ins Gehirn suchen, um dort bei mir eine böse Überraschung zu erleben, – davon wird nämlich keiner satt! – suchte ich dann heute vormittag einen Ohrenarzt auf.
Ärztin im Urlaub
So war zumindest der Plan. Ich lief also zum HNO bei mir um die Ecke (10 Min. zu Fuß), um dort festzustellen, dass dieser gerade ab heute im Urlaub ist. Also umdrehen und zum nächsten HNO. Der ist ca. 15 Min. weg. Aber nur, wenn ich jogge und eben von zu Hause. So waren es eher 30-40 Min. Dort angekommen, dachte ich in einem schlechten Film zu sein. Auch Urlaub! Auch ab heute! Fahren die HNOs hier in der Gegend immer gemeinsam zum Angeln oder so?
Als ich endlich einen HNO auf dem Weg zur Arbeit gefunden hatte, hatte sich dort auch schon eine Wartezeit von 1,5 Stunden aufgebaut. Im Park um die Ecke hatte ich dann schon mal etwas mit Laptop und iPhone gespieltarbeitet… Dann, um kurz nach Zwölf die Entwarnung: Alles ist restlos aus dem Ohr raus. Das kleine Tierchen hat es auch im Todeskampf nicht geschafft, mein Ohrinneres zu verletzen und auch ich bin nicht zu rabiat vorgegangen.
Das Vorgehen, nach einem solchen Vorgang einen HNO aufzusuchen ist jedoch zu empfehlen, das es nach Erfahrung der HNO-Ärztin, bei der ich schlussendlich war durchaus vorkommen kann, dass etwas im Ohr bleibt oder dort verletzt wird, was später zu Komplikationen führen kann.
Übrigens gibt es das Problem mit den Insekten und den Ohren nicht erst bei mir, sondern schon viele millionen Jahre. Das menschliche Ohr ist für diese Gefahren auch tatsächlich sehr gut ausgestattet. Es sind in der tat die Härchen im und um das Ohr, die u.a. auch ein Eindringen von Tieren etc. erschweren und das Ohrenschmalz, das ein Vorankommen im Ohr praktisch unmöglich macht und ggf. Schmutz etc. wieder nach außen befördert, sowie Bakterien bekämpft usw. usw. Bei allen ästhetischen Bestrebungen sollte man also auch bedenken, dass das alles seinen tieferen Sinn hat.
Warum nimmt die Ohrbehaarung im Alter dann zu? Wird man mit fortschreitendem Alter attraktiver für Spinnentiere und die Natur fährt deshalb für uns schonmal schwerere Abwehrgeschütze auf?
Oder wird man gerade unattraktiver und nur junge, unerfahrene, kleine Spinnentiere finden die Ohren von alten Knackern noch attraktiv, weshalb das Haardickicht im Ohr verdichtet werden muss?
Das Ganze erinnert mich an die Statistik, wonach angeblich jeder Mensch in seinem Leben etwa vier Spinnen essen würde (durch Verschlucken im Schlaf).
Übrigens zählen Spinnen und Spinnentiere nicht zu den Insekten – dafür haben sie einfach ein Beinpaar zuviel.
So, jetzt habe ich auch mal was Lehrreiches geschrieben.
Ah, der letzte Abschnitt klingt so, als würde ich Spinnen zu den Insekten zählen. Nein, das tue ich nicht. Aber hier habe ich wieder einmal eine missverständliche Formulierung gewählt. Das stimmt.