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Gerade habe ich die Tür geschlossen. Ein freundlicher Mann hatte mich vom Spielen mit meinem Sohn weg gelockt, um mir Gefriergut zu verkaufen. Er will mir nicht nur freundlich ein Prospekt überreichen, sondern gerne auch gleich noch meine Telefonnummer. Meine Weigerung, im diese Nummer zu verraten, macht ihn ärgerlich. Das er die Nummer von mir wissen will und dass ihn mein Bestehen auf meine Privatsphäre ärglich macht, macht mich wiederum ärgerlich. Sicherlich will ich sein Gefriergut auch gar nicht. Fertiggerichte sind doch oll. Ich liebe es, selbst zu kochen. Und ja, da mein Gefrierschrank ist oft gut gefüllt. Aber hauptsächlich mit Gemüse oder Fleisch vom Bioschlechter etc. Egal!

Das Telefon klingelt. Dominik probiert zwischenzeitlich gerade aus, wo denn das Lautsprecherkabel hin geht, und was denn gleich runterfällt, wenn man da fest genug dran zieht. Während ich mich am Telefon melde, tippe ich auf die Lautsprecher. Doof! Das Teil zerschmettert ihm bestimmt den Schädel. Und wenn das nicht, ich der Blumentopf oben drauf sicher schwer genug, um ihm das Rückrat zu brechen. Ich beschließe mich einzugreifen. In dieser Zeit erzählt mir die freundliche Dame am Telefon, dass meine Frau ja freundlicher Weise vor geraumer Zeit an einer Umfrage teilgenommen hatte (die unter dem Vorwand der Wissenschaftlichkeit prekäre Verbraucherdetails abfragte). Und sie hätte von mir nun ein paar Updates. Meine Erklärung, dass es gerade gar nicht so richtig passen würde und ich an Updates gar kein Interesse hätte wird von der Gegenseite professionell gekontert. Ich zeige Dominik Alternativen zum Versuch mit dem Lautsprecherkabel auf. Und schon kommen die Fragen von der anderen Seite. Und just in diesem Moment entwickelt sich für mich eine neue Strategie. Ganz von selbst. Ich kann mit ruhigem Gewissen sagen, dass die gemachten Angaben meiner Frau nicht mehr aktuell sind, weil sich fast alles geändert hat und selbst unter Folter könnte ich nicht sagen, wie die aktuellen Daten (die wollen einfach mal Gehaltsspannen etc. pp. wissen) sind. Insofern einigen wir uns am Telefon auf das Löschen der alten Daten ohne ein Update. Als sich Dominik unter dem Wohnzimmerglastisch den Kopf stößt, beende ich das Telefonat hastig. Leider habe ich wieder versäumt, meine Telefonnummer und Stammdaten löschen zu lassen.Nein, ich möchte nicht angerufen werden. Nein, ich möchte auch nicht, dass jemand bei mir vorbei kommt. Briefe und E-Mails kann ich gerade noch gut handhaben. Sie sind vielleicht lästig aber wenigstens kann ich noch den Zeitpunkt selbst bestimmen, wann ich sie vernichte. Ich kann mich tatsächlich nicht daran erinnern, jemals einen Vertrag abgeschlossen zu haben, der auf diese Weise zu Stande gekommen ist. Ich suche mir meine Vertragspartner eher selbst aus.Vor diesem Hintergrund bin ich auch gar nicht so begeistert von Amazon und Co., die aus meinen vergangenen Käufen versuchen, mein Leben zu interpolieren und genau wissen, was ich als nächstes kaufen will. Das ganze wird nur dadurch lustig, da ich auch immer gerne noch für Freunde etwas mit bestelle, so dass mein Profil einfach mal so komplett wirr ist, dass die Amazon-Vorschläge zur Lachnummer werden.

Insofern wäre ich sehr froh, wenn wenigstens Teile dieses Artikels hier irgendwann ihre Umsetzung fänden.

3 Gedanken zu „Profil zeigen“

  1. Das war bestimmt der Eismann oder Bofrost ;) Das kann man aber wirklich essen. Da schmeckt Blumenkohl noch nach Blumenkohl und Rosenkohl nach Rosenkohl. Außerdem haben die vorzügliches Fleisch. Du tust im unrecht, wenn du auf deren Produkte schimpfst ;) Wobei die Prospektverteiler schon lästig sein können.

  2. Ich möchte mich hier auch auf keinen Fall gegen Gefriergut aussprechen. Gemüse kann heute sehr hochwertig eingefroren werden. Wer auf Vitamine steht, sollte sich auch nach einem guten Lieferanten umsehen. Auch gibt es gute Fertiggerichte. Aber auch, wenn sie schmecken, fehlt da einfach der Spass beim Kochen. Aber auch Fertiggerichte möchte ich hier nicht kategorisch ablehnen. Was z.B. ist die Aufnahme eines Rocksongs schon wert, wenn dafür nicht wenigstens eine Dose Ravioli glauben musste? :-)

    Worum es mir hier geht ist das aggressive Marketing. Ich nehme meine Tiefkühlkost gerne aus den Gefriertruhen des örtlichen Supermarktes hier. Aber ich fühle mich tatsächlich in der Unantastbarkeit meiner Wohnung verletzt, wenn hier ungefragt Leute an der Tür stehen. Dabei ist mir sogar egal, ob sie mir Kataloge vorbei bringen oder mir einen anständigen Glauben vermitteln wollen. Ähnliches gilt fürs Telefon. Und ja, eigentlich auch für E-Mail und Briefkasten. Ich bestelle Newsletter, wenn ich welche will. Und ich habe einige abonniert. Das ist ok für mich. Ich kaufe ja schon alles, was in meiner Macht steht, ;-) aber ich will vor allem meine Ruhe!

    Also noch mal kurz: Fertiggerichte mag ich nur nicht, weil sie mir meine Kreativität beim kochen nehmen. Ansonsten habe ich gegen die Produkte gar nichts und respektiere vor allem die Qualität, in der hier z.T. sehr hochwertige Nahrungsmittel industriell hergestellt werden. Für ungebetene Vertreter habe ich kein Verständnis und auch Prospekte müssen für mich nicht sein. Da nehme ich mir gar nicht die Zeit zu.

  3. Die UmfragerInnen am Telefon frage ich immer als erstes, woher sie meinen Namen und Nummer haben und ob sie wissen, daß Telefonmarketing ohne meine schriftliche Zustimmung strafbar ist. Daraufhin sind solche Gespräche immer ganz schnell zuende.
    An der Haustür ist es schon schwieriger. Ich erinnere mich, daß ich früher als Student gerne mit Missionaren diskutiert und mich auf stundenlange Gespräche eingelassen habe. Schon aus sportlichem Ehrgeiz. ;-)
    Manchmal würde ich diesen Ehrgeiz vielleicht auch heute noch aufbringen. Allein, es fehlt die Zeit. Bzw: ich will sie mir dafür nicht nehmen. Es gibt mir wichtigeres im Leben.
    Vielleicht sind wir heute aber auch einfach nur medial so dermaßen übersättigt, allein schon von all den Infos, die wir uns aus Internet, Zeitung, Radio, Glotze und Blödgeizmarktwerbung selbst antun, daß die plumpen Methoden der Tiefkühlkostvertreter oder Behindertenkartenverkäufer (mundgemalt und handgeblasen, hatte jüngst selber so einen bei mir) einfach das Maß des Erträglichen überschreiten.
    Das eigentlich schlimme ist aus meiner Sicht, daß man die wahren Schuldigen an dieser Misere nicht zu fassen kriegt. Die Drückerkolonnen an Haustür oder Telefon sind ja echt nur die armen Schweine, die ihren Kopf hinhalten müssen.

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