Im Büro eilt mir mittlerweile schon der Ruf voraus, ich würde praktisch überall mit meinem Netbook oder einem schwarzen Notizbuch auftauchen. Das ist wenig überraschend. Schließlich möchte ich irgendwo einen Diskussionsstand festhalten und Aufgaben erfassen. Selbst wenn es Aufgaben anderer sind, möchte ich das irgendwo notiert haben. Entscheidend ist der Überblick: Was passiert in welchem “Projekt” als nächstes.
Das Notizbuch ist klein, braucht keine Akkus und hat eine unglaublich gute App zum Schreiben und Zeichnen drauf. Leider fehlt es dem Ding an Export- und Suchfunktionen.
In mir keimte jedoch eine andere Frage auf. Und als ich einen Webartikel mit einer ähnlichen Fragestellung in die Finger bekam, musste ich einen Selbstversuch mit meinen Eingabegeräten starten.
An den Start gingen: Mein MacBook Pro mit der integrierten Tastatur, ein iPad mit und ohne Freedom Universal Keyboard, ein iPhone und ein Paper Blank Notizbuch mit Pelikan Füllhalter.
Ich suchte einen Text mit ca. 450 Wörtern aus einem meiner älteren Notizbücher und übertrug den Text mit den o.g. Mitteln. Auf der Apple-Hardware nutze ich jeweils iA Writer die handschriftliche Notiz probierte ich einmal mit der von mir bevorzugten Blockschrift (auch Fremde können meine Aufzeichnungen dann noch gut lesen) und der sehr viel schnelleren Schreibschrift.
Das Ergebnis war verblüffend: Am schnellsten war die Eingabe mit der Standardtastatur. Durch die kleine Bluetooth Klapptastatur verlor ich nur wenige Sekunden. Das meiste davon war wahrscheinlich auch noch Macht der Gewohnheit. So eine Klapptastatur kann also mit erwachsenen Tastaturen auf jeden Fall sehr gut mithalten. Mit der Hand brauchte ich dann fast doppelt so lange, wie mit der Tastatur. Und das obwohl man jedes fünfte Wort mehr raten, als lesen kann. Im Vergleich war die Touchscreen Tastatur vom iPad gar nicht schlecht. Sie kommt nahe an die handschriftliche Notiz heran. Gar nicht so weit entfernt dann die Eingabe mit der Touchscreen Tastatur vom iPhone. Weit abgeschlagen meine geliebte Blockschrift.
Was heißt das für mich? Die reine Schreibgeschwindigkeit ist eigentlich kein Argument mehr fürs Papier. Und wenn ich vorher gerne mit Blockschrift notiert habe, kann ich genauso gut das iPhone für meine Notizen nehmen und habe dann sofort digitale, durchsuchbare Aufzeichnungen. Was noch fehlt, sind Möglichkeiten zum Skizzen machen etc. Das kann man sehr gut auf einem Schmierzettel und mit der Handykamera umsetzen. Dabei fällt mir mal wieder auf, dass das iOS Notizbuch keine Bilder zulässt.
Schon vor Monaten habe ich mich übrigens von der irrsinnigen Idee verabschiedet, Notizen auf Zettel zu machen und diese dann “irgendwann” auf den Rechner zu übertragen. Dazu komme ich eigentlich nie.
Zeit also, alle Sentimentalitäten hinter sich zu lassen und wo immer es geht auf eine große Tastatur und zur Not auch mal auf eine Softwaretastatur zu gehen. Die Stärke des Papiers liegt im Kritzeln, Skizzieren, Malen, Schmieren. Das Ergebnis sollte dann digital verknüpft werden können (z.B. durch Fotos / Scans dauern meist zu lange). Oder man benutzt gleich einen digitalen Stift, wie den LiveScribe. Dann braucht wenigstens auch das Notizbuch Strom (Worst of two Worlds – Just kidding!).
Update: Ich möchte den Artikel nicht stehenlassen, ohne die berechtigte Kritik gleich mitzuliefern. Diese Fand ich in einem echt spannenden Artikel der FAZ: Wörter sind die Wegwerfartikel unserer Zeit. Die Langsamkeit der Aufzeichnung als erzwungener Filter. Ein interessanter Gedanke. Für mich nicht unbedingt für die Besprechungsnotiz aber vielleicht an anderer Stelle.
Im Business-Umfeld, wo die Gleichung Zeit=Geld als nahezu allein gültig betrachtet wird und wo Effizienz und Priorität die Hauptrollen innehaben, ist man mit der Tastatur sicher oft am besten bedient. Wenn es um Kreativität geht, das Reifenlassen von Ideen, das Entdecken von Zusammenhängen oder das Sammeln von Eindrücken, dann ist – denke ich – Stift und Papier besser geeignet, weil es nicht so sehr auf erfaßte Textmengen ankommt, sondern vielmehr auf Getaltungsmöglichkeit, darauf, auch mal am Stift kauen zu können – und malen oder kritzeln zu können.
Aber deinen Selbstversuch finde ich trotzdem sehr spannend und ein so eindeutiges Ergebnis hätte ich nicht erwartet.
Immer mal wieder staune ich übrigens, wie IT-Professionals in Besprechungen handschriftliche Notizen in große Blöcke oder Notizbücher machen, ja eher sogar malen als schreiben. Dieselben, die vor ein paar Jahren immer mit Notebook kamen, später mit PDA, dann kurz mit iPhone – jetzt liegt letzteres meist daneben und wird (natürlich nur in Notfällen) als Telefon genutzt.
Wenn es um Kreativität geht, scheint Medienvielfalt der Schlüssel zu sein. Mensch denkt anders, wenn er auf dem Papier malt, am Computer tippt oder an der Tafel steht. Will man möglichst viel Ideen einfangen, sollte man mit möglichst vielen Medien “spielen”. Kreativität hat ohnehin ihre eigene Zeit. Gleiches gilt auch für das “Durcharbeiten” von Ideen, Konzepten etc. Bei geistiger Arbeit ist die Schreibgeschwindigkeit nicht unbedingt der limitierende Faktor.