Foto: Timo Fuchs
Angst ist ein schlechter Berater. Das gilt nicht nur für den Umgang mit fremden Menschen, Kulturen, Religionen etc., sondern auch für die Verbrechensbekämpfung. Mit dem heutigen Tag trug der der internationale Terrorismus wieder einmal einen entscheidenden Sieg davon. Der Bundestag entschied sich für die Vorratsdatenspeicherung und damit gegen ein weiteres Puzzleteil unserer Bürgerrechte.
Bevor ich unbedingt noch ein paar Dinge zum oben zitierten Tagesschau-Artikel los werden muss, weise ich noch mal darauf hin, dass die Protestaktionen weiter gehen und noch immer Unterstützung gebraucht wird.
Schon beim Interview auf Radio 1 von heute morgen fand ich die Argumentation bestenfalls amüsant, der Staat würde ja gar nicht die die Daten speichern. Das würden ja die Unternehmen machen. Ja, die freuen sich echt darüber. Das zumindest schließe ich aus den Berichten von Freunden (ja, ich habe noch Freunde), die in diesem Bereich arbeiten. Das die Unternehmen zur Speicherung gezwungen werden und praktisch keine Wahl haben, als die Daten aufzuheben und “dem Staat” auszuhändigen, finde ich hier nicht unrelevant.
Der Heise-Artikel hierzu hat noch ein ganz besonderes Schmankerln: Die Koalition wolle “keinen gläsernen Menschen, wir wollen einen gläsernen Verbrecher”.
Diese Aussage hat es in sich. Wie interpretieren wir das? Nur über Verbrecher müsse man die Daten sammeln. Die Daten werden von allen gesammelt, also sind alles Verbrecher. Das ist das, was mit “Generalverdacht” gemeint ist. Aber so einen Zirkelschluss darf man natürlich nicht ziehen, sonst ist Einstein auch eine Katze.
Nein, selbst wenn ich das wortwörtlich nehme, steht da: Es gibt Menschen und es gibt Verbrecher. Vielleicht funktioniert hier wieder mal nicht mein Verständnis vom Grundgesetz nicht. Aber ich dachte, es wäre so, dass wir Verbrecher durchaus für Menschen halten. Allerdings gibt es da schon die Hintertür, dass man so ein paar Rechte einschränken kann. Gut und dazu gehört eben seit heute etwas mehr. Dagegen hätte ich ja auch gar nichts. Aber das Problem ist natürlich, dass meine Telefonate aufgezeichnet werden bis hin zu den Nummern, wo ich mich verwählt habe oder wo mich irgendein Penner angerufen hat, damit irgendjemand Terroristen meint fangen zu können. Mit wievielen Terroristen werde ich ich in meinem Leben schon gesprochen haben, ohne es zu wissen? Ich werde es vermutlich bald erfahren.
Das ich nichts von den düsteren Plänen meines Gegenüber wusste, werde ich nicht nachweisen können, denn es werden ja nur Nummern, Zeiten etc. aufgehoben und keine Inhalte. Auch das war ein Argument der Politiker, das beruhigend wirken sollte. Wie wenig beruhigend das ist, weiß jeder, der sich schon mal ein wenig mit Verkehrsanalyse auseinandergesetzt hat. Das Militär weiß schon lange, dass es manchmal unwichtig ist, was gesprochen wird. Entscheidende Informationen kann man alleine aus dem “Wer redet wann mit wem?” ziehen. Auch in der Wirtschaftsspionage wird dieses Verfahren gerne benutzt. Wenn ich zur Angebotsabgabe aufgefordert werde, ist es doch sehr interessant zu wissen, wer kurz vor oder nach mir noch eine E-Mail bekommen hat. Und wenn ich dazu dann herausfinde, dass der Empfänger in der gleichen Branche arbeitet, bin ich schon einen entscheidenden Schritt weiter.
Aber wir reden ja hier vom Staat. Und ohne richterlichen Beschluss geht da gar nichts. Ich habe mir sagen lassen, dass die Formulare mit den Anträgen für die Richter so gestaltet sind, dass für einen Positivbeschluss ein Haken und eine Unterschrift gefordert wird. Für eine Ablehnung muss man eine Begründung schreiben. Welchem Richter man die Anträge vorlegt, kann man wohl mindestens mit beeinflussen. Und Richter sind bestimmt sehr gewissenhaft. Aber sie können sich jetzt auch nicht gerade über zu wenig Arbeit beschweren. Wer dann schnell nach Hause will, winkt einfach mal ein paar Anträge durch.
Nein, es ist unfair den Richtern gegenüber, solche Entscheidungen auf ihre Schultern zu legen und kein adäquates Mittel um über die Privatsphäre unbescholtener Bürger zu entscheiden. Und bei dem Ganzen haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, wie leicht solche Verkehrsdaten auch mal abhanden kommen können.
Leute, wir sind da auf dem falschen Weg!