Ich greife mal den Kommentar vom Ütili auf und ergänze meinen Artikel von gestern mit ein paar Bildern und einer kleinen Anekdote: Ja, es ist fantastisch, diese tiefe Freude über etwas wirklich schönes zu empfinden. Es sind diese Dinge, die man sich (normalerweise) nur ganz selten leistet oder leisten kann. Es sind die Dinge, die für einen selbst wirklich nützlich sind und zugleich diesen Nutzen so hochwertig erbringen.
Spannend fand ich übrigens, was passierte, als ich von diesem Rad twitterte. Ein bisschen ängstlich werde ich dann immer, wenn mir eine Broschüre zum Thema nach so einer großen Investition in die Hände fällt.
Was klingt da emotional alles mit, wenn ich an mein Fahrrad denke? Da fällt mir zum ersten Unabhängigkeit und Freiheit ein. Dieses Fortbewegungsmittel ist so einfach, wie die Füße, die uns tragen – unabhängig von Fahrzeiten, Treibstoff und unglaublich flexibel, was die befahrbaren Strecken angeht. Dieses Unabhängigkeitsgefühl ist sicher auch vom ersten Fahrrad des Lebens vererbt. Damals als kleines Kind, war das ein großer Schritt Unabhängigkeit für mich. Zumindest denke ich das. Zu Schulzeiten war es das auf jeden Fall. Da fuhr ich mit meinem BMX-Rad durch die Rehberge oder den Freizeitpark Lübars, wo ich diverse Gabeln und Laufräder ruinierte.
Aber das Fahrrad gefällt auch den Rebellen in mir, dem Individualisten, dem Öko-Hildi und dem Minimalisten. Denn dieses Fahrzeug kann all das für mich sein. Sollen “die da oben” doch meine schöne S-Bahn ruinieren. Ich kann auch anders. Und ein Auto, wie fast alle – zumindest ein festes eigenes – brauche ich seit Jahren nicht. Gut, mein neues Rad ist weit davon entfernt, das minimalste zu sein, was als Fahrrad fahren würde. Aber Minimalismus muss ja nicht immer heißen, auf jeden Luxus zu verzichten. Es bleibt ein minimales Beförderungsmittel für eine Person (mit Anhänger gerne auch mehr). Und man braucht dafür: 1. Einen Fahrer, 2. das Fahrrad. Zuletzt gibt es natürlich immer auch den sportlichen Aspekt. Mit keinem anderen Verkehrsmittel schaffe ich es so ausgeglichen und mit einem so klarem Geist (anders kann ich es nicht ausdrücken) auf Arbeit anzukommen. Und das gleiche gilt dann auch für die Fahrt nach Hause, wo mir das Fahrrad hilft, wirklich zu Hause anzukommen und die Arbeit hinter mir zu lassen, um mich mit voller Konzentration auf meine Kinder, meine Frau und die Projekte zu Hause einzulassen.
Dieses letzte Bild zeigt mein neues Rad, so wie es die meisten Menschen sehen (nur mit mir drauf). Nein, im Ernst: Natürlich gibt es auch die Faszination Geschwindigkeit. Und hier ist es eine Geschwindigkeit, die man mit bloßer Muskelkraft erzeugt und die wirklich beachtlich ist. Was sind in einer schnellen Zeit, wie unserer schon 36km/h (war gemessene Max. mit dem neuen Rad)? Im Auto ist das langweilig. Auf dem Fahrrad ist das schon cool und in der Stadt an vielen Ecken schon sau gefährlich. Und da sind wir bei der Kehrseite der Medaille. Ich habe die andere Seite schon in einer Brutalität erlebt, die viel zu nahe an der Grenze war, dass ich überhaupt noch davon berichten kann. Um so befremdlicher finde ich noch immer den Standpunkt des ADFC, der sich gegen eine Helmpflicht ausspricht (was für mich ok ist) und gleichzeitig die Sinnhaftigkeit eines Helmes in Frage zu stellen scheint. Ganz im Gegenteil wird hier mit einer erhöhten Risikobereitschaft argumentiert, die für mich in den Bereich einer Unterstellung fallen.
Abgesehen davon ist das die Twitter-Geschichte: Nach meinem o.g. Fahrrad-Tweet folgte mir der Benutzer Fahrradclub. Das ist auf Twitter durchaus üblich, um Leute dazu zu bekommen, einem selbst zu folgen. Da die Tweets von Fahrradclub aber spannend aussahen, habe ich das Spiel mitgespielt. Als Dankeschön gab es dann eine Directmessage mit dem Link u.a. zur o.g. Broschüre. Die enthält u.a. Tipps zum Kauf eines Rades. Na, das ist ja etwas spät jetzt für mich. Glück nur, dass das nicht mein erstes Rad ist und ich durchaus schon etwas Erfahrung habe. Gemäß dem Überfliegen habe ich wohl alles so weit richtig gemacht.
Zu Helmen: Risikokompensation ist sicherlich nur ein sehr bedingt gutes Argument in einer Diskussion. Das Problem ist aber, daß es bisher noch kaum einer Studie gelungen ist, den Nutzen von Fahrradhelmen (im Alltag) nachzuweisen. In einer (IMHO zu kleinen, daher kaum wirklich verallgemeinerbaren) Studie wurde aber nachgewiesen, daß Autofahrer behelmte Radfahrer enger überholen als unbehelmte (mit Zöpfen hast noch mehr Platz…). In größerem Rahmen wurden Änderungen in Australien (New South Wales) erfaßt. Die Zahlen dort zeigen (zumindest bei den Verkehrstoten; der blinde Fleck sind heir leichte bis mittelschwere Verletzungen die zu untersuchen wären) keinerlei meßbare Änderung bei Einführung der Helmpflicht, dafür aber ein massives absinken des Radverkehrs insgesamt. Meßbare positive Änderungen ergaben sich durch Einführung von Geschwindigkeitskontrollen für KFZ, da ging die Anzahl der Schwerverletzten und Toten sofort erheblich runter. Insofern kann ich die sehr vorsichtige Formulierung in Bezug auf Helme beim ADFC sehr deutlich verstehen. Ich verstehe natürlich auch, weil ich Dich ja auch lang genug kenne, aus welcher Erfahrung heraus Du ein absoluter Helmbefürworter bist.