Lies and Sins im Matrix / Kodak Elitechrome 400, cross-entwickelt, push +2

Im aktuellen Schwarzweiss 56 Magazin testet Ralf Sänger im Artikel “Film-Ikonen? Frischer Wind im Filmelager” die kürzlich erschienenen S/W-Filme Rollei Ortho 25, Rollei Pan 25, Rollei IR 820/400, Gigabitfilm und Adox CMS 20. Im Artikel zitiert er Theodor W. Adorno: Das eigentliche an der Kunst sei der Entstehensprozess an sich und das fertige Werk sei lediglich dessen “Totenmaske”.

kodak-el2-cross-push+2.jpg

Als ich von Lies and Sins gefragt wurde, ob ich nicht Fotos bei ihrem Auftritt im Matrix machen könnte, entschied ich mich, neben den digitalen Bildern für die preiswerten, schnellen Aufnahmen auf der Webseite auch mal wieder etwas Film zu belichten.

Zum einen benutzte ich einen Fuji Neopan 1600, den ich bereits bei früheren Auftritten sehr erfolgreich eingesetzt hatte, zum anderen wollte ich aber auch ein paar Dias cross-entwickeln.

Fuji Superia Filme sind heute die gutmütigsten Filme, die man sich vorstellen kann. Und der Sensia ist unübertroffen fein und super zu scannen. Trotzdem komme ich vom Look ‘n Feel immer wieder auf die Kodak Elitechrome und die E-Serie zurück. Leider gibt es den Elitechrome nur als 100 und 400 ISO Variante. Mit ISO 400 kann man bei zu einem Rockkonzert aber auch bei f1.8 noch nix reißen. Eine Alternative wäre noch der P1600. Der ist aber auch ein 400er, der “nur” darauf spezialisiert ist, auf 1600 ISO gepusht zu werden.

Die Aufnahmen sollten “rocken”, also dachte ich: Ich mach mal die EL-2 Emulsion richtig fertig. Also belichtete ich den 400er Film auf 1600, ließ ihn um zwei Blendstufen im Labor pushen und für rockigere Farben natürlich im C-41 und nicht, wie bei Dias eigentlich gedacht im E-6 Prozess. Das Ergebnis sind grobkörnige, Negative mit leichten Farbverschiebungen.

kodak-el2-cross-push+2-1_2.jpg

Das Resultat überraschte mich allerdings. Die Fotos sehen echt noch ziviel aus. Die beschriebenen Effekte treten zwar ein, aber es sieht lange nicht so aus, als wäre die Emulsion hier am Ende. Die Kontraste sind zwar hoch, aber komplett akzeptabel und die Farbverschiebungen sind eher dezent.

Am besten kommen die Fotos, bei denen ich mit dem Blitz etwas aufgehellt habe. Das Bild oben ist ein 2000dpi-Scan (etwa 10 Megapixel), den ich linear verkleinert habe. Bei einer kubischen Verkleinerung geht die Körnung fast komplett verloren. Insgesamt kann ich mit einem 4000dpi-Scan mit zwei Durchläufen zur Rauschreduzierung und Verkleinerung auf 10 Megapixel feinere Bilder produzieren, als mit der EOS 10D bei ISO 1600. Das hätte ich nicht gedacht.

Um den gewünschten rauen Look zu erzeugen, muss man für den Bildschirm schon Vergrößerungen aus den Bildern machen. Das zweite Foto entspricht einem 1:1 Ausschnitt aus einem 1000dpi-Scan (etwa 5 Megapixel). Auch hier war mein Speedlite am Werk.

Insgesamt scheint die Kombination Elitechrome 400 auch gepusht extrem vielversprechend zu sein. Wenn es also mal etwas besonderes sein soll, gerne auch mal ein Film analog. Ist halt nur mit seinen 8 EUR Filmrolle + 6 EUR Spezialentwicklung (ohne Crossen wirds preiswerter) nicht gerade etwas für alle Tage. Bei ISO 400 taugt der Film auch für extreme Vergrößerungen. Wobei das Korn natürlich durchaus sichtbar ist. Aber wer es mag…

6 Gedanken zu „Lies and Sins im Matrix / Kodak Elitechrome 400, cross-entwickelt, push +2“

  1. Ich muß ja zugeben, daß ich Farbrauschen auf Gesichtern in dieser Intensität nicht mag. Mit Diafilmen höherer Körnung (also eigentlich ab ISO 200) hab ich immer nur “Sachen” photographiert.
    Aber seit die Digiknipserei alles so langweilig glatt-“neatet”, gerade auch die Personenbilder, gewinnen solche Bilder einen ganz neuen Reiz.
    Wobei ich mir den Aufwand mit Crossen schon sparen würde, weil der Effekt am PC ziemlich leicht nachzumachen ist. Klar, ist nicht dasselbe – aber trotzdem: guckst du dir Dias heute noch mit Projektor an? Und jede andere Verarbeitung geht sowieso über PC.
    Aber btw: was hast du denn da eigentlich für 1 geilen Scanner?!

  2. Ich finde dieses Gepixel in den Gesichtern sehr organisch und stimme Dir zu, dass das eine schöne Abwechslung zu den superscharfen, jeden Pickel und jede Falter erfassenden digitalen Abbildern ist.

    Das Crossen muss aber evtl. wirklich nicht sein. Denn auf dem Projektor kann man sich die Bilder sowieso nicht gecrosst ansehen. Sind ja dann Negative. D.h. es geht sowieso am PC weiter. Aber ist doch schön die Wahl zu haben. Entweder ich lasse mir die Farben schon vom Laber liefern oder ich drehe selbst was am PC. Ist halt alles möglich heute. Man kann übrigens auch Scancrossen, indem man Negative einscannen läßt und dann in der Software invertiert. Je nach Scansoftware ist das Ergebnis durchaus unterschiedlich vom “normalen” Scannen.

    Meinen Scanner liebe ich! Das ist der CanoScan LS4000US. Er ist zwar langsam und damit nix fürs professionelle Hybridlabor, aber für den Amateur, der auch Hybrid arbeitet, ist das Ding prima. Hat einen SCSI und einen USB 1-Anschluss und kann 1000, 2000 und 4000 dpi scannen. Funktioniert ausgezeichnet mit Vuescan unter Linux und MacOS X. Unter Windows habe ich nur das mitgelieferte Photoshop getestet. Leider scheint der Scanner bei Canon nicht mehr im Programm zu sein. Habe ich schon erwähnt, dass der 42bit (in Worten: Zweiundvierzig Bit!) Farbtiefe und eine automatische Retuschefunktion hat? :-)

  3. Ich sollte noch mal loswerden, dass es unter den S/W-Filmen den, wie ich finde perfekten Kompromiss aus Korn und Haut zum Schmeicheln gibt. Und zwar ist das seit vielen Jahren der Kodak Tri X 400. Unbindingt mal testen.

    Für’s Hybride Arbeiten ist natürlich der Kodak BW400 perfekt. Da funktioniert dann auch die automatische Retouche im Scanner. Der ist hingegen aber superfein.

  4. Nett. :-) Ich bin gespannt auf die restlichen Fotos.
    Als Teil der o.g. Band uns damit als lebendes Motiv der Bilderreihe freue ich mich besonders über den verklärenden Charakter des Körnungs- und Farbrausch-Effektes. Das hat was von alten – oder auf authentisch getrimmten – Aufnahmen von den Doors o.ä. und erinnert an die Zeit, als Groupis noch echte “Attribute” besaßen.
    Da fühlt man sich als Rockstar… ;-)

    –marc

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert